Pilotregion Salzburg

In der Pilotregion Salzburg wird die prototypische Implementierung eines modi- und betreiberübergreifenden Verkehrsmanagements getestet. Als Schnittstelle für die Verkehrsteilnehmer:innen kommt eine der führenden Navigationsanwendungen im PKW-Bereich des Navigationsanbieters Sygic zum Einsatz. Sie wird im Forschungsprojekt derart adaptiert, dass sie betreiberübergreifende Verkehrsmanagement-Strategien über Standard-Schnittstellen (z.B. DATEX II) entgegennehmen und interpretieren kann, und somit die Routingvorschläge dynamisch an die Strategien angepasst werden.

Zusätzlich haben Nutzer:innen, die vorwiegend mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind, die Möglichkeit eine spezielle Pilot-App zu verwenden, die Verkehrsmanagement-optimierte intermodale Routen bzw. MaaS-Angebote anzeigt und in vielen Fällen deren direkte Buchung ermöglicht.

Im Rahmen einer Evaluierung während der Pilotphase wird anonymisiert erhoben, welche Wirkungen sich aus der Nutzung der Apps ableiten lassen, d.h. ob und in welcher Form die Nutzer:innen die Routenvorschläge befolgen.

Interview mit Karl Rehrl, Salzburg Research

1. Wie soll durch ein effizientes Verkehrsmanagement der öffentliche Verkehr attraktiviert werden bzw. wie trägt dies dazu bei, den Umstieg für die Menschen zu erleichtern?

Beim Verkehrsmanagement ist die Kooperation zwischen allen beteiligten Stakeholdern wichtig. In bisherigen Ansätzen werden oftmals einzelne Verkehrsträger optimiert, z.B. Ausweichrouten für PKWs oder Optimierung von Lichtsignalanlagen nach dem Verkehrsaufkommen von PKWs. Dabei wird oftmals auf andere Verkehrsträger vergessen. Letztlich geht es im kooperativen Verkehrsmanagement um die effektive Steuerung aller Verkehrsträger nach klaren strategischen Vorgaben. Die Priorisierung des öffentlichen Verkehrs ist beispielsweise eine solche strategische Entscheidung, die den Umstieg für Menschen motivieren kann. ÖV-Priorisierung trägt zu attraktiven Fahrzeiten bei. Aber auch die kooperative Planung von Verkehrsmanagementmaßnahmen zwischen Gebietskörperschaften und Verkehrsträgern ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Der Umstieg wird vor allem durch ein attraktives Angebot erleichtert.

2. Wie sieht intelligente Verkehrssteuerung für Sie aus?

Die intelligenteste Verkehrssteuerung ist jene, in der Verkehr gar nicht erst entsteht. Idelaerweise muss Verkehrssteuerung beim Mobilitätsmanagement ansetzen. Maßnahmen zur Verkehrsvermeidung oder zur Nutzung des Umweltverbundes sind die effektivsten Mittel der Steuerung. Wenn das nicht möglich ist, dann sollte eine intelligente Verkehrssteuerung zumindest versuchen die Verkehrsströme auf den dafür vorgesehenen Infrastrukturen zu halten bzw. punktuelle Überlastungen zu vermeiden. Navigationssysteme versuchen heute oftmals eine für den/die indivuelle/n Verkehrsteilnehmer/in optimale Route zu berechnen, die oftmals nur wenige Minuten Zeitersparnis bringt, dabei aber sämtliche externe Faktoren wie die Durchfahrt durch Wohngebiete oder regionale Verkehrsbeschränkungen außer Acht lassen. Von einer intelligenten Verkehrssteuerung kann erst gesprochen werden, wenn auch Maßnahmen bzw. Strategien der lokalen Verkehrsbehörden in der Routenplanung berücksichtigt werden. Ein zweiter Teil einer intelligenten Verkehrssteuerung besteht in der Kombination unterschiedlicher Verkehrsträger um effizient von A nach B zu kommen. Bisherige Navigationssysteme sind oftmals monomodal und es fehlen Alternativen, wie beispielsweise eine Empfehlung zum Umstieg auf ein öffentliches Verkehrsmittel. P+R-Routing ist in kommerziellen Navigationssystemen derzeit nicht implementiert wodurch die Umsetzung einer intelligenten Verkehrssteuerung sich auf ausgewählte Dienste wie die Verkehrsauskunft Österreich beschränkt.

3. Über Schnittstellen sollen Echtzeit-Auslastungsdaten von Parkeinrichtungen wie P+R Anlagen in Navigationssystemen ersichtlich gemacht werden, welches Ziel wird damit verfolgt?

Parkraummanagement ist ein wesentlicher Bestandteil eines erfolgreichen Verkehrsmanagements. Die Verfügbarkeit oder Nicht-Verfügbarkeit von Parkplätzen beeinflußt einerseits die Verkehrsnachfrage, andererseits auch das Verkehrsverhalten. Das gilt auch für den Umstieg in den ÖPNV an P+R-Anlagen. Gilt die Anlage allgemein als überlastet, wird sie von Kunden tendentiell nicht mehr genutzt. Echtzeit-Auslastungsdaten sollten daher zukünftig zur Standardausstattung von P+R-Anlagen gehören. Wichtig dabei ist aber auch, dass die Auslastungsdaten möglichst breit verfügbar gemacht werden und auch die Kunden erreichen. Das Thema P+R kommt in den meisten kommerziellen Navigationssystemen derzeit nicht vor wodurch auch die Umstiegsmöglichkeiten in den ÖPNV vielen Menschen nicht bekannt sind. Im DOMINO-Piloten Salzburg werden die Schnittstellen geschaffen, dass P+R-Anlagen bzw. Auslastungsdaten zukünftig standardmäßig in Navigationssysteme integriert werden können.

4. Was sind die nächsten Schritte?

Im Rahmen des DOMINO-Piloten in Salzburg ist es bereits gelungen, die Echtzeit-Auslastungsdaten von 13 Parkeinrichtungen in der Stadt Salzburg in kommerzielle Navigationssysteme zu integrieren. Dieser Prozess soll im weiteren Verlauf des Projekts auch noch prototypisch für ausgewählte P+R- bzw. P+D-Anlagen gelingen. Parallel wird daran gearbeitet, die Prozesse zu schaffen, dass P+R bzw. P+D-Anlagen inkl. deren Auslastungen in die Datenplattform EVIS.AT integriert werden können, sodass sie zukünftig österreichweit über eine standardisierte Schnittstelle zur Verfügung stehen.

5. Was ist erforderlich, um vom Piloten zur Umsetzung zu kommen?

Die Digitalisierung von P+R-Anlagen wurde bisher in Österreich zu wenig systematisch vorangetrieben. Es braucht dazu einheitliche Prozesse, nach welchen Datenstandards P+R-Daten in Österreich erfasst werden sollen, welche Zuständigkeiten es gibt und wie die Daten für Dienste zur Verfügung gestellt werden können. Das Projekt DOMINO liefert hier die Grundlagen inkl. einer Pilotimplementierung. Im Rahmen der Datenplattform EVIS.AT sollen die Ergebnisse weiter in die Umsetzung gebracht werden. Es gibt bereits mehrere interessierte Länder, die ihr P+R-Daten zukünftig ebenfalls zur Verfügung stellen wollen.